Letzte Aktualisierung: 03.01.2014
Donnerstag, 1. August 2013
Es ist ein komisches Gefühl, wieder allein unterwegs zu sein und kein Motorrad im Rückspiegel oder vorausfahren zu sehen. So ist meine Stimmung zunächst ein wenig gedrückt.
Die beiden hoch gepriesenen Fischerdörfer Eyrarbakki und Stokkseyri reißen mich nicht vom Hocker. Allein das gute Wetter und die Aussicht auf einige Wasserfälle im Laufe des Tages stimmen mich froh.
Der Urriðafoss ist der wasserreichste Wasserfall Islands. Der Fluss Þjórsá stürzt sich hier mit 360 m³/s auf etwa 40 m Breite 6 m in die Tiefe.
Auch die Fahrt entlang des Flusses (Straßen 305 und 302) ist lohnenswert. Auf den Schotterpisten sehe ich viele Pferde und treffe auf einige Reiter, die ich möglichst leise passiere.
Im weiteren Verlauf der Ringstraße liegt der attraktive Wasserfall Seljalandsfoss. Sein Wasser stürzt über steile Felsen in einen grünen See. Wer schon immer davon geträumt hat, einmal hinter einem Wasserfall zu stehen, hat hier die Gelegenheit.
Auch das weite Flussbett des Markarfljót ist beeindruckend. Das Wasser stammt hauptsächlich von den Gletschern Eyjafjalljökull und Mýrdalsjökull. Ich versuche, mir die ungeheuren Wassermassen vorzustellen, die hier wohl bei einer Schnee- und Gletscherschmelze entlangfließen müssen.
In der Nähe liegt eine Piste, die auf einen Berg führt. Diese kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Die Strecke bietet tolle Ausblicke auf den Gletscher Eyjafjallajökull und auf den Ozean.
Mir kommen einige LKWs entgegen, die die komplette Straße in Staub hüllen. Oben am Steinbruch angekommen, bemerke ich, dass der Abschnitt für den Verkehr gesperrt ist. Das Schild habe ich wohl übersehen.
Wieder auf der Ringstraße bestimmt der Eyjafjallajökull das Landschaftsbild, der letztmalig im Jahr 2010 ausgebrochen ist. Seine Asche hatte damals den Flugverkehr in weiten Teilen Europas und Nordamerikas lahmgelegt.
Ein kleines Besucherzentrum direkt an der Ringstraße informiert über das Leben am Vulkan und Gletscher. Die Bilder sind wahrlich beeindruckend.
Mein Tagesziel ist der 62 m hohe Wasserfall Skógafoss. Im Sonnenschein schillert der Gischtschleier in allen Regenbogenfarben.
Eine Treppe führt rechts vom Wasserfall hoch auf den Berg. An einigen Stellen und auf einer Plattform bieten sich Ausblicke auf den Wasserfall. Von unten wirkt er jedoch am imposantesten.
Auf dem Campingplatz direkt am Wasserfall schlage ich mein Zelt auf. Meine Bedenken, das Rauschen des Wassers könnte mich am Einschlafen hindern, bestätigen sich nicht.
Freitag, 2. August 2013
Für die heutige Wanderung habe ich mir ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. An der ersten Hütte, die man nach etwa vier Stunden Wanderung (ohne Pause) erreichen soll, möchte ich Rast machen und anschließend umkehren. Für den Rückweg plane ich etwa drei Stunden (ohne Pause) ein.
Das Wetter ist wieder einmal einfach fantastisch. Gegen halb neun breche ich auf. Ein schöner Tag liegt vor mir.
Zunächst erklimme ich die Treppenstufen des Wasserfalles Skógáfoss. Anschließend geht es eine Schlucht entlang, in der der Fluss Skógá fließt.
Ein Wasserfall nach dem anderen liegt auf dem Weg. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich nach all den vielen Wasserfällen der vergangenen Tagen und Wochen noch für Wasserfälle begeistern kann. Ich lege viele Fotostopps ein.
Die Landschaft ist einfach wunderschön. Zwischendurch ergeben sich immer wieder Ausblicke auf die Gletscher Eyjafjallajökull und Mýrdalsjökull.
Der Wanderweg ist nicht ausgeschildert. Orientierung bieten der Fluss und Pfade. Einige Male bin ich zur Umkehr gezwungen, weil der gewählte Pfad entweder eine Sackgasse ist oder mir zu gefährlich erscheint.
Ein weitere Herausforderung ist die Brücke über den Fluss Skógá, die nicht gerade sehr vertrauenserweckend aussieht. Da die ausgewiesene Treppe zum Aufstieg fehlt, ist Kletterarbeit angesagt.
Nachdem ich die Hürde gemeistert habe, geht es weiter über Stein-, Asche- und Schneefelder. So weit das Auge reicht, sind keine anderen Menschen zu sehen. Ich fühle mich frei.
Nach vier Stunden mache ich mitten im Nichts Mittagspause. Die Hütte ist in der Ferne schon seit etwa einer Stunde zu sehen. Ich habe mich ihr aber gefühlt kaum genähert. Entfernungen lassen sich in der Ödnis wohl nur schwer schätzen.
Daher entscheide ich mich für die Umkehr. Mein Ziel habe ich damit zwar nicht erreicht, dennoch hat sich die Wanderung gelohnt.
Ich nehme mir vor, irgendwann einmal nach Island zurückzukehren, um die mehrtägige Wanderung von Landmannalaugar über Þórsmörk zum Skógáfoss zu machen. Start- und Endpunkt, die ich während dieser Reise kennen gelernt habe, sind traumhaft schön. Die begeisterten Schilderungen einiger Wanderer versprechen auch für den Zwischenteil fantastische Erlebnisse in einer unglaublichen Landschaft.
Nach etwas über drei Stunden erreiche ich den Campingplatz. Ich gönne mir im Bistro wieder einen ordentlichen Hamburger sowie ein Eis, welches in der näheren Umgebung hergestellt wird. Später kommt noch ein Stück Apfelkuchen hinzu.
Den Rest des Tages nutze ich zur Erholung. Außerdem schmiede ich Pläne für die kommenden Tage. Ein schöner Tag neigt sich dem Ende.
Samstag, 3. August 2013
Mein heutiges Tagesziel ist der Skaftafell Nationalpark, in dem ich schon zu Beginn meiner Islandreise eine Nacht verbracht habe. Da etwa 250 Kilometer und viele Sehenswürdigkeiten vor mir liegen, breche ich zeitig auf. Zunächst ist es noch sonnig, leicht bewölkt und windig. Doch kurz nach meiner Abfahrt zieht es zu.
Den ersten Stopp lege ich an der Gletscherzunge Sólheimsjökull ein, die sich vom Hauptgletscher Mýrdalsjökull Richtung Küste schiebt. Über die holprige Schotterpiste 221 ist die Gletscherzunge relativ leicht zu erreichen.
Ich unternehme einen Spaziergang. Das diesige Wetter lädt nicht zum Verweilen ein, sodass ich nach kurzer Zeit weiterfahre.
Nächstes Ziel ist das Felsplateau mit der steinernen Pforte Dyrhólaey, welches wie eine gigantische Skulptur aus der Ebene ragt. Die Landzunge, die eine vielfältige Vogelpopulation vorweist, lässt sich von zwei Parkplätzen aus erkunden.
Auch die Wellen gepeitschten, schwarzen Strände laden zum Verweilen ein. Landeinwärts erblickt man den Gletscher Mýrdalsjökull.
Auf meiner Weiterfahrt spiele ich kurz mit dem Gedanken, am Strand Reynisfjara vorbeizufahren, entscheide mich dann aber doch für einen Besuch. Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellt. Der Strand wartet mit imposanten Basaltsäulen auf. Außerdem hat meinen einen guten Blick auf die steinernen Zinnen von Reynisdrangar sowie auf Dyrhólaey.
Highlight ist für mich jedoch die Kolonie der Papageientaucher. Im Sommer ziehen die Papageientaucher hier ihren Nachwuchs groß. Der mit vielen Höhlen durchsetzte Basaltfelsen bietet hierfür ideale Voraussetzungen.
So nah wie hier bin ich bisher noch nicht an die Papageientaucher herangekommen. Ich beobachte die Vögel eine Weile und mache zahlreiche Fotos.
In Vík mache ich an einer Tankstelle Rast. Anschließend fahre ich an den Strand, um mir die Felsgruppe Reynisdrangar aus einer anderen Perspektive anzuschauen.
Das Wetter wird wieder schlechter. Erste Regentropfen fallen. Ich entschließe mich, meine Regenkombi anzuziehen.
Auf der Weiterfahrt fühle ich mich wie auf der Flucht. Schräg hinter mir regnet es stark und das Regengebiet scheint immer näherzukommen. Daher gebe ich ordentlich Gas, in der Hoffnung, damit dem Regen entfliehen zu können.
Meine Bemühungen scheinen von Erfolg gekrönt zu sein, sodass ich mich für einen Abstecher entscheide. Der Schotterpiste 204 kann ich einfach nicht widerstehen.
Die Piste führt durch moosbedecktes Lavagestein. Das Fahren auf dem groben Schotter erfordert volle Konzentration. Die reduzierte Profiltiefe macht sich mittlerweile deutlich bemerkbar. Das Hinterrad hat weniger Grip als zu Beginn meiner Reise.
Zwischen den Höfen ist der Weg asphaltiert. Danach folgt eine gut befahrbare Piste, die mich wieder auf die Ringstraße führt.
Der in der Ferne im Sonnenlicht leuchtende Gletscher Vatnajökull wirkt surreal auf mich. Da das Leuchten jedoch schönes Wetter und Sonnenschein verheißt, bessert sich meine Laune.
Doch der Weg dorthin hat es in sich. Insbesondere in der Nähe von Gletscherzungen habe ich mit starken Seitenwinden zu kämpfen, die an meinen Kräften zehren.
Gegen 16.30 Uhr erreiche ich den Skaftafell Nationalpark. Nach einem Stück Kuchen errichte ich mein Zelt. Diesmal denke ich auch an die Servicecard, sodass einer Dusche nichts im Wege steht.
Die Aussichten für den nächsten Tag sind nicht so toll. Vormittags soll es bedeckt sein und für Nachmittag wird Regen vorhergesagt. Dennoch entscheide ich mich für die Buchung einer Gletscherwanderung.
Da Wetter ist mittlerweile richtig gut. Bei bestem T-Shirt-Wetter mache ich einen einstündigen Spaziergang zum Gletscher Skaftafellsjökull.
In der Nähe des Gletschers weht ein sehr kalter, starker Wind aus Richtung des Gletschers. Damit scheint sich meine Theorie zu den heftigen Seitenwinden in Gletschernähe zu erhärten.
Nach der Dusche packe ich meinen Campingkocher aus. Vor einem herrlichen Panorama brate ich die Lammkoteletts, die ich bereits in Kirkjubæjarklaustur gekauft habe. Dazu gibt es das obligatorische Leichtbier von Víking.
Ich genieße die Abendstimmung, schreibe an meinem Tagebuch und freue mich auf die morgige Gletscherwanderung.
Sonntag, 4. August 2013
Nach einer unruhigen Nacht stehe ich unausgeschlafen auf. Das Paar im Zelt nebenan konnte scheinbar nicht schlafen und hat sich nachts lautstark unterhalten und rumgealbert. Den Bitten und Forderungen vieler anderer Gäste nach Ruhe ist das Paar nicht nachgekommen.
Damit habe ich erstmals eine negative Seite des Zeltens kennen gelernt. Doch das sonnige und warme Wetter hebt die Stimmung. Der vierstündigen Gletscherwanderung steht somit nichts mehr im Wege. Die Vorfreude steigt.
An der Hütte der Mountain Guides bekomme ich die erforderliche Ausrüstung zugeteilt - Sicherungsgeschirr, Steigeisen und Eispickel. Mit dem Auto fahren wir danach zur benachbarten Gletscherzunge Svinafellsjökull.
Nach einem steilen Abstieg ziehen wir die Steigeisen an. Bevor es richtig losgeht, werden uns an einem Anstieg die erforderlichen Grundkenntnisse beigebracht.
Es ist ungewohnt, mit Steigeisen zu laufen. Doch die Anstrengungen werden mit tollen Aussichten belohnt.
Die Route stellt uns vor keine großen Herausforderungen. Schließlich ist sie für Anfänger gedacht. An zwei Passagen, die eine Gletscherspalte entlang führen, müssen wir uns mit Seilen sichern. Ein Hauch von Abenteuer kommt auf.
Auf dem Rückweg besteht die Möglichkeit, einen Blick in eine andere Gletscherspalte zu werfen. Hierzu setzt der Guide eine Eisschraube, um jeden Einzelnen speziell abzusichern.
Rückwärts nähere ich mich der Spalte und lasse mich langsam zurückfallen. Der Guide gibt etwas Seil nach, sodass ich mit meinem Oberkörper über die Spalte hinausrage - ein toller Ausblick!
Während der Gletscherwanderung erfahren wir viel über Gletscher im Allgemeinen und über den Svinafellsjökull im Speziellen. Der Guide vermittelt das Wissen auf sehr unterhaltsame Weise.
Auf dem Rückweg zieht es zu, sodass die unterschiedlichen Weiß- und Blautöne noch einmal schön zur Geltung kommen. Die Gletscherwanderung war eine tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte.
Im Café genieße ich noch einmal die vorzügliche isländische Fleischsuppe. Danach packe ich alles zusammen und mache mich auf den Weg nach Osten.
Wieder habe ich vor allem in Gletschernähe mit heftigen Seitenwinden zu kämpfen, die an meinen Kräften zehren. Teilweise wird sogar Wasser von den Flüssen aufgewirbelt. Es wird zunehmend kälter. Ich friere ordentlich. Meine Stimmung wird schlechter.
Da ich die Gegend schon kenne, fahre ich ohne größere Zwischenhalte nach Höfn durch. Höfn sieht im Vergleich zum ersten Tag komplett anders aus. Es gleicht einem einzigen, riesigen Campingplatz.
Scheinbar findet ein große Veranstaltung statt. Ich habe jedoch nicht die Muße, dies in Erfahrung bringen zu wollen. Ich ziehe lieber eine warme Mahlzeit in der warmen Tankstelle vor, um mich aufzuwärmen.
Anschließend suche ich einen windgeschützten Platz für mein Zelt und mein Motorrad. Meine KTM stelle ich auf befestigtem Untergrund hinter den Toiletten ab. Die besten Zeltplätze sind schon vergeben. Eine Hecke verspricht zumindest etwas Windschutz.
Nach einer heißen Dusche verbringe ich noch etwas Zeit im Aufenthaltsraum und kaufe noch einige Lebensmittel ein. In Erwartung einer kalten Nacht geht ich früh zu Bett.
Montag, 5. August 2013
Heute möchte ich mir die abgeschiedenen Ostfjorde anschauen. Wenn es mir dort gefällt, möchte ich dort ein Nacht verbringen. Falls nicht, werde ich nach Seyðisfjörður fahren.
Auf dem Weg dorthin komme ich an einem Gehege mit Rentieren vorbei. Hätten nicht ein Reisebus und Autos vor dem Gehege gestanden, wäre ich wohl vorbeigefahren. Touristen haben manchmal auch etwas Gutes.
Obwohl ich hier bereits zu Beginn meiner Reise lang gefahren bin, kommt mir die Gegend unbekannt vor. So genieße ich noch einmal die spektakulären Ausblicke auf das Meer.
Auch in den Ostfjorden schlängelt sich die Straße die Küste entlang, die mit Klippen aus Rhyolithgestein aufwartet. Die Straße führt durch kleine Fischerdörfer, die am Fuß dramatischer Berge liegen.
Es wird zunehmend kälter. Zwischen 3 und 5°C bewegen sich die Temperaturen. Selbst Thermofutter und Regenkombi reichen nicht aus. Ich friere, insbesondere an den Händen und Füßen.
Die Ostfjorde sind zwar schön, können mich aufgrund des schlechten Wetters jedoch nicht begeistern. Ich entschließe mich, nach Seyðisfjörður zu fahren.
Auf dem Pass (Straße 93) fühlt es sich noch kälter an. Zum Glück ist es nicht nebelig, sodass ich diesmal etwas von der Landschaft sehen kann. Ich bin froh, als ich Seyðisfjörður erblicke. Die Strapazen haben bald ein Ende.
In Seyðisfjörður scheint es wärmer zu sein. Vereinzelt ist blauer Himmel zu sehen und es regnet nicht. Ich bin froh über meine Entscheidung, nicht weiter südlich in den Ostfjorden zu übernachten.
Nach einer kleinen Stärkung errichte ich mein Zelt. Anschließend fahre ich zur Tankstelle, um meine KTM zu waschen. In den nächsten Tagen werde ich meine KTM wohl nicht mehr bewegen.
Leider hat das Schwimmbad heute schon geschlossen. Daher spaziere ich durch das kleine, verschlafene Dorf, welches aus bunten Holzhäusern besteht und von schneebedeckten Bergen und Wasserfällen umgeben ist.
Den Abend verbringe ich im warmen Aufenthaltsraum, welcher kostenloses WLAN bietet. Draußen ist es empfindlich kalt geworden.