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Motorradreise Chile: Reisebericht Teil 5 - Futaleufú bis Puerto Rio Tranquilo

Im Winter 2019/2020 war ich zwölf Wochen mit dem Motorrad in Argentinien und Chile unterwegs. Dies ist der fünfte von siebzehn Reiseberichten. Nachdem ich bei Futaleufú die Grenze überquert habe, folge ich der Carretera Austral nach Süden bis nach Puerto Río Tranquilo. Ich gehe im Parque Nacional Queulat wandern. In Puerto Río Tranquilo besichtige ich die Catedral de Marmol.

 

Hier geht es zu Teil 4 des Reiseberichts.


Freitag, 20. Dezember 2019

Tag 21: Futaleufú bis Puyuhuapi (267 km)

Vom Grenzübertritt bis zur Carretera Austral

Gegen 11 Uhr habe ich die Grenze von Argentinien nach Chile passiert. Nach einer kurzen Pause in Futaleufú folge ich den Straßen W-905 und 235, um zur Carretera Austral zu gelangen. Die grobe Schotterpiste mit spitzen Steinen führt durch tiefe Täler mit steilen, bewaldeten Berghängen, deren Gipfel mit Schnee bedeckt sind. Die Regenwolken sorgen für eine dunkle Atmosphäre.

 

Die Piste ist stellenweise sehr schmal. Entgegenkommende Autos und LKWs nehmen zum Teil die komplette Straße in Anspruch. Manche nehmen nur wenig Rücksicht auf Motorradfahrer. Daher bleibe ich insbesondere in schwer einsehbaren Kurven möglichst weit rechts.

 

Ich bin geflasht von der atemberaubenden Landschaft. Mit Überquerung der Anden hat sich die Szenerie komplett verändert. Die Landschaft wirkt im Vergleich zu Argentinien dramatischer. Die Strecke führt am Fluss Futaleufú entlang, einem Paradies für Rafter und Kajakfahrer aus aller Welt. Einige dunkle, ruhig daliegende Seen bilden hierzu einen Kontrast. 

Carretera Austral bis Puyuhuapi

Nach 68 Kilometern biege ich endlich auf die Carretera Austral ein. Der Traum vieler Fernreisenden wird mich in den nächsten Tagen begleiten. Dieser Abschnitt der Carretera Austral befindet sich in einem sehr guten Zustand. Die Strecke nach Süden folgt dem Verlauf des Río Frio, der sich durch das Tal schlängelt.

 

Ein Aussichtspunkt wird mir zum Verhängnis. Abgelenkt von der tollen Aussicht, bemerke ich zu spät, dass der Untergrund aus einer tiefen Schicht Kieselsteine besteht. Als ich zum Stehen komme, hat mein Motorrad bereits so eine Schräglage, dass ich es nicht mehr aufrichten kann.

 

Ich lege meine BMW daher vorsichtig auf die rechte Seite ab und baue die Gepäcktasche ab. Das Aufrichten gestaltet sich schwierig, da das Vorderrad immer wieder wegrutscht. Zwischen Straße und Aussichtspunkt gilt es dann einen hohen Bordstein zu überwinden, der für das Hinterrad zu hoch ist. Aus den Kieselsteinen baue ich eine Rampe, die jedoch durch das Gewicht des Motorrades sofort weggedrückt werden. Mit etwas Glück bin ich dann erfolgreich.

 

Fix und fertig und etwas genervt von meiner Unachtsamkeit setze ich meine Reise fort. Eine Minute später kommen mir zwei Motorradfahrer entgegen, die mir sicherlich geholfen hätten. Dann wäre die Aktion für mich weniger kräftezehrend gewesen. Shit happens!

 

In La Junta mache ich Rast und fahre dann weiter nach Puyuhuapi. Im Parque Nacional Queulat geht die Carretera Austral in eine gut zu fahrende Piste über. Da mir heute nach einem Bett ist, suche ich in Puyuhuapi nach einer einfachen Unterkunft. In dem kleinen Restaurant "Residencial Ensenada" werde ich schließlich fündig.

 

Es scheint als wäre das Wohnzimmer zu einem Restaurant umfunktioniert worden. In der privaten Küche wird das Essen zubereitet. Gleichzeitig scheint die Küche auch das neue Wohnzimmer zu sein.

 

Die Inhaberin ist sehr gastfreundlich. Ich habe das Gefühl, dass sie hofft, dass ich bei ihr auch zu Abend essen werde. Nach einem kurzen Spaziergang durch den Ort, frage ich, was sie mir von der Speisekarte empfehlen könnte. Das freut sie sichtlich. Wenig später esse ich frischen Lachs.


Samstag, 21. Dezember 2019

Tag 22: Puyuhuapi bis Coyhaique (236 km)

Parque Nacional Queulat

Nach einem leckeren Frühstück verabschiede ich mich. Bereits nach einer halben Stunde Fahrt habe ich das erste Tagesziel erreicht. Im Parque Nacional Queulat warten einige kurze Wanderwege mit Ausblick auf den hängenden Gletscher Ventisquero Colgante auf mich.

 

Da es bewölkt und nicht all zu warm ist, absolviere ich die Wanderwege in Motorradbekleidung. Dies führt wie immer zu etwas verwunderten Blicken anderer Wanderer. Vom Parkplatz aus starten vier Wanderwege mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad, von den ich zwei absolviere. 

 

Der erste, 200 Meter lange Weg führt durch einen Wald zu einem Aussichtspunkt am Río Ventisqueros. Im Anschluss folge ich dem 600 Meter langen Weg zur Laguna Témpanos. Am See genieße ich den Ausblick auf den Gletscher. Nach etwas anderthalb Stunden verlasse ich den Nationalpark wieder.

Fahrt nach Süden

Es folgen 32 km Piste. Es muss ein Berghang überwunden werden. In steilen, abenteuerlichen Serpentinen geht es auf etwa 550 Meter hoch. Insbesondere in den engen Kurven ist die Piste sehr buckelig. Der Boden ist feucht und rutschig vom Nieselregen. Daher lasse ich es vorsichtig angehen.

 

Ich bin erleichtert als ich wieder Asphalt unter den Rädern habe. Zügig folge ich der Carretera Austral durch die nach wie vor spektakuläre Landschaft. Nach einer Mittagspause in Villa Maniguales verlasse ich die Straße 7, denn ich möchte zum Reserva Nacional Río Simpson.

 

Die Straße X-50 ist Fahrspaß pur. Sie ist schmal und kurvig. Außerdem führt sie durch eine tolle Landschaft mit vielen bunten Blumen. Auf der Straße 240 wird mir klar, dass ich genau in ein Regengebiet hineinfahren werde. Daher streife ich rechtzeitig die Regenkombi über. Ich bekomme jedoch nur etwas Nieselregen ab.

Reserva Nacional Río Simpson

Ich halte am Wasserfall Cascada la Virgen. Neben dem kleinen Wasserfall stehen eine Marienstatue, ein Kreuz und eine kleine Kapelle. Viele Autos hupen, wenn sie hier vorbeifahren.

 

Im Besucherzentrum des Reserva Nacional Río Simpson erfahre ich etwas über die Besiedlung des Gebietes und über die Flora und Fauna. Anschließend folge ich dem Naturlehrpfad am Río Simpson entlang. Da das Zentrum bereits um 17 Uhr schließt, muss ich mich etwas beeilen. Immerhin hat sich das Wetter etwas gebessert. Es nieselt nicht mehr.

Coyhaique

Da für den morgigen Tag starke Regenfälle vorhergesagt sind, buche ich mir ein Zimmer für zwei Nächte in einem Hostal. Am Abend gehe ich im Carnes Queulat lecker essen. Auf dem Rückweg kaufe ich noch ein paar Lebensmittel ein.

 

Da vor dem Supermarkt ein paar Hunde auf etwas Nahrung hoffen, kaufe ich auch Wurst ein. Einem Hund scheint die Wurst nicht zu schmecken. Dafür freuen sich zwei andere umso mehr. Einer folgt mir sogar bis zum Hostal. Als ich hinter mir die Gartentür schließe, legt der Hund sich davor. So war das ja nicht gedacht... 


Sonntag, 22. Dezember 2019

Tag 23: Coyhaique

Ruhetag

Am Vormittag ist das Wetter noch gut. Daher laufe ich durch die Stadt zu den Aussichtsplattformen am Río Simpson und Río Claro. Da die in Valparaíso gekaufte Prepaid SIM-Karte nicht funktioniert, kaufe ich mir in der Stadt eine neue. Diese funktioniert zum Glück tadellos.

Gegen 13 Uhr bin ich wieder im Hostal. Es regnet immer noch nicht. Daher checke ich mein Motorrad ordentlich durch. Dabei stelle ich fest, dass sich die Dämpfung nicht mehr über den Kombischalter einstellen lässt und der Kombischalter lose ist. Vermutlich ist dies eine Folge des Sturzes südlich von El Nihuil. Ich bin zwar auf die rechte Seite gefallen, aber eventuell mit dem linken Arm am Schalter hängen geblieben. Auf die Dämpfungseinstellung kann ich jedoch verzichten.

 

Die Schotterpisten mit den teils spitzen Steinen haben ordentlich Spuren im Hinterreifen hinterlassen. Ich entdecke einige Eindrückungen. Außerdem scheinen sich an der linken Flanke bereits einige Stollen zu lösen. Dies muss ich definitiv weiter beobachten.

 

Aufgrund des Umfallers ist der recht Koffer auch nicht mehr 100% fest. Er wackelt leicht. Aufgrund der Koffergestaltung und des Befestigungssystems, kann ich nichts dazwischen klemmen, um das Wackeln zu unterbinden. Auch dies muss ich weiter beobachten.

 

Der vorhergesagte Regen hat sich wieder Zeit gelassen. Ich habe mich schon ein wenig geärgert, dass ich nicht weitergefahren bin. Doch am frühen Nachmittag setzen dann heftige Regenschauer ein. Ich bin froh, dass ich jetzt nicht auf dem Motorrad sitze. Ich frage mich, wie die Pisten morgen wohl aussehen werden.

 

Weihnachten steht kurz bevor. Weihnachtsstimmung ist bisher bei mir bisher nicht aufgekommen. Die Weihnachtsdekoration im Hostal wirkt daher etwas befremdlich auf mich. Es ist für mich das erste Mal, dass ich Weihnachten im Ausland verbringe und meine Familie nicht sehen werde. Irgendwie kommt mir das alles irgendwie etwas unwirklich vor.


Montag, 23. Dezember 2019

Tag 24: Coyhaique bis Puerto Río Tranquilo (225 km)

Fahrt nach Villa Cerro Castillo

Wettermäßig bietet der heutige Tag fast alles auf. Am frühen Morgen regnet es noch. Als ich losfahre, wechseln sich Sonne und Nieselregen ab. Während der Fahrt durch den Parque Nacional Cerro Castillo geht es auf 1100 Meter hinauf. Bei 2°C geht der Nieselregen schließlich in Graupelschauer über. Mit jedem Meter nach unten wird es dann wieder wärmer.

 

Leider hängen die Wolken tief, so dass die Berge wolkenverhangen sind. In Villa Cerro Castillo mache ich eine kurze Pause. Das Wetter bessert sich etwas, so dass einige Berggipfel doch noch zum Vorschein kommen.

Zwischen Villa Cerro Castillo und Puerto Río Tranquilo

Hinter Villa Cerro Castillo beginnt dann Piste. Diese besteht überwiegend aus hartem Sand und wenigen, weich geschliffenen Steinen. Nach den heftigen Regenfällen hatte ich mit vielen Pfützen und Schlamm gerechnet. Doch abgesehen von mit Wasser gefüllten Schlaglöchern lässt sich die Piste sehr angenehm fahren. Rutschgefahr besteht nicht.

 

Dies ist für mich der bisher schönste Abschnitt der Carretera Austral. Irgendwann stößt die Straße 7 auf den Río Murta und folgt dessen Verlauf. Das Tal ist von hohen, schneebedeckten Bergen flankiert. Die Piste führt durch Wald. Die Sonne scheint. Der ideale Ort für eine Mittagspause.

Auch der weitere Verlauf der Carretera Austral ist ein Gedicht. Irgendwann liegt dann der türkisblaue Lago General Carrera vor mir. Die Straße führt an dessen steilem Ufer entlang und bietet tolle Ausblicke auf den riesigen See.

Puerto Río Tranquilo - Catedral de Marmol

Ich erreiche Puerto Río Tranquilo am frühen Nachmittag. Da das Wetter gut ist, fahre ich weiter zur Bahia Mansa. Ich hoffe, dort einen Platz auf einem Ausflugsboot zu den geologischen Felsformationen Catedral de Marmol zu bekommen.

 

Für eine Tour werden mindestens 5 Personen benötigt, zwei warten bereits. Ich vertreibe mir die Wartezeit am Ufer. Dabei lerne ich Reinhardt und Sven aus München kennen, die mit einem Mietwagen in Südamerika unterwegs sind. Da wir nicht länger warten wollen, sind wir bereit, die Mehrkosten für die Bootsfahrt zu tragen. Doch wenig später treffen weitere Personen ein.

 

Gegen 15 Uhr startet die Tour. Zunächst geht es zu den Marmorhöhlen. Anders als der Name vermuten lässt, bestehen die Wände nicht aus Marmor, sondern weisen lediglich die feine, wellenartige Struktur auf, die von Marmor bekannt ist. Diese wurde über tausende von Jahren durch die ständigen Wellenbewegungen des Sees erzeugt.

 

Weiter geht es zur Capilla de Marmol bzw. Catedral de Marmol. Mitten aus dem See ragen einige Felsen empor. Die Wellenbewegungen haben an deren Füßen viel Material abgetragen, so dass diese unten viel schmaler sind als oben. Teilweise stehen diese nur noch auf einigen "Füßen".

Nach der Tour fahre ich zurück nach Puerto Río Tranquilo, beziehe ein Hotelzimmer und lasse mir im Restaurant Lamm schmecken. Als der Regen vorbei ist, erkunde ich den Ort und verbringe viel Zeit am Ufer des Sees. Ein herrlicher Tag geht zu Ende.


Hier geht es zu Teil 6 des Reiseberichts.


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