Dienstag, 9. August 2016
Tag 6: Ice Camp > Narsaq
Narsaq
Heute heißt es früh aufstehen. Bereits um sieben Uhr gibt es Frühstück. Anschließend packen wir unsere Taschen, transportieren alles zum Bootanlegeplatz und warten auf unser Schlauchboot. Es regnet nach wie vor mit wechselnder Intensität. So sind wir froh, das Zeltcamp verlassen zu können.
Etwa eine Stunde dauert die Fahrt mit dem Zodiac nach Narsaq, welches wir gegen Viertel vor elf erreichen. Wir beziehen unser Quartier im Hostel von Tasermiut. Wir hängen unsere nasse Kleidung zum Trocknen auf. Und nach einer wohltuenden, heißen Dusche sieht die Welt schon wieder anders aus. Nach der selbst gemachten Pizza ist die Welt schließlich wieder vollkommen in Ordnung.
Narsaq ist mit circa 1.500 Einwohnern die drittgrößte Stadt Südgrönlands. Wir haben den Nachmittag zur freien Verfügung, den wir für einen Rundgang durch den kleinen Ort nutzen. Highlight ist für mich der mit Eisbergen gefüllte Fjord vor Narsaq. Die tief hängenden Wolken und der Nebel erzeugen eine mystische Stimmung. Die verschiedenen Farbtöne der Eisberge kommen wundervoll zur Geltung. Die bunten Häuser bilden einen angenehmen Kontrast zu dem tristen Grau.
Tagesausklang
Heute Abend geht ein Teil der Gruppe in einem Hotelrestaurant essen. Wir lernen, dass man sich auf Grönland mit kleinen Gruppen einige Stunden vorher im Restaurant anmelden sollte. Bei Gruppen ist es auch üblich, bereits bei der Anmeldung das Essen auszuwählen. Gruppen kommen in kleineren Ortschaften auf Grönland nur sehr selten vor. Durch die vorherige Anmeldung kann sich die Küche darauf einstellen. Anderenfalls könnte es etwas länger dauern.
Ich lasse mir ein Steak und ein Eis als Dessert schmecken. Wir führen nette Gespräche. Über das WLAN-Netz des Hotels komme ich ins Internet. Die Wetteraussichten für die nächsten Tage versprechen keine wesentliche Besserung. Es ist weiterhin mit viel Regen zu rechnen. Vielleicht haben wir ja Glück und im nächsten Fjord ist das Wetter schöner als erwartet.
Mittwoch, 10. August 2016
Tag 7: Narsaq > Nanortalik
Hot Springs von Uunartoq
Beim Frühstück teilen uns Carmen und Giles mit, dass die Wetteraussichten für die nächsten Tage nach wie vor schlecht sind. Daher haben sie sich entschlossen, den Reiseplan etwas anzupassen. Anstatt in den kommenden Tagen zu zelten, werden wir in Hostels übernachten. Tasermiut kann auf ein großes Netzwerk im Süden Grönlands zurückgreifen und so flexibel auf Wetterumschwünge reagieren. Die Änderungen stoßen auf unsere Zustimmung.
Bei Nieselregen brechen wir um kurz nach zehn mit dem Zodiac nach Saarloq auf. Heute verlassen wir erstmals das schützende Fjordsystem und werden von den Wellen ordentlich durchgeschüttelt. Hinzu kommt, dass der neue Bootsführer flotter unterwegs ist. Unser bisheriger Bootsführer hat bei stärkerem Wellengang immer das Tempo reduziert. Der neue Kapitän kennt jedoch nur eine Geschwindigkeit. So heben wir mehrmals von unseren Sitzplätzen ab. Es ist Festhalten angesagt!
Nach etwa neunzig Minuten erreichen wir Saarloq, ein kleines, sehr abgeschiedenes, aber malerisches Dorf. Doch leider spielt das Wetter nicht mit. Der Reiz des Dorfes kommt nicht richtig zur Geltung. Im Sommer wird Saarloq von vielen Fischern bewohnt, doch den Winter verbringen nur wenige Menschen hier. Wir nutzen die Zeit, uns bei einem Spaziergang etwas aufzuwärmen. Nach dreißig Minuten Aufenthalt geht es weiter.
Nach einer weiteren Stunde erreichen wir schließlich die Insel Unartoq, die die einzig zugänglichen warmen Quellen in Grönland zu bieten hat. Der genaue Ursprung der Quellen, die eine angenehme Badetemperatur von 37°C haben sollen, ist unklar. Vulkanische Aktivität gibt es in dieser Gegend nicht.
Da wir nach unserem Besuch der Insel das Boot wechseln werden, müssen wir zunächst unsere Taschen am Strand entladen und zwischenlagern. Danach laufen wir zu dem nahe gelegenen Haus eines ehemaligen Mitarbeiters von Tasermiut. Dort können wir unser Picknick genießen.
Nach der Stärkung geht es zu den warmen Quellen. Da ich kein allzu großer Wasserfreund bin und das Wetter schlecht ist, schaue ich mir das bunte Treiben in den Quellen nur an. Die Aussicht aus den Quellen auf die Eisberge im Fjord muss toll sein, vorausgesetzt, die Sicht ist gut.
Nach einer Weile entschließe ich mich, zum Haus zurückzugehen. Dort unterhalte ich mich kurz mit den beiden Bewohnern, die für uns gerade das Abendessen zubereiten. Anschließend genieße ich die Ruhe und Zeit für mich, die es auf Gruppenreisen nur selten gibt. Später kommt Carmen hinzu und wir führen eine nette Unterhaltung.
Zum Abendessen gibt es mit Gemüse überbackenen Fisch, der wirklich lecker schmeckt. Mittlerweile ist es fast 20 Uhr und wir machen uns auf den Weg zurück zum Strand. Dort warten wir auf unser Boot, das uns nach Nanortalik bringen soll.
Nanortalik und Tagesausklang
Nach einer weiteren Stunde im Schlauchboot erreichen wir um Viertel nach neun endlich Nanortalik. Drei Stunden bei schlechtem Wetter im Boot reichen dann auch für einen Tag. Wir richten uns im Hostel von Tasermiut häuslich ein, welches direkt am Hafen liegt.
Dabei stelle ich leider fest, dass die uns zur Verfügung gestellten Taschen nicht wasserdicht sind. Da ich meine Sachen in Packbeutel verpackt habe, ist der "Schaden" gering. Nur mein Reiseführer hat etwas Wasser abbekommen. Ich packe alle Beutel zum Trocknen der Tasche aus.
Da es schon dunkel ist, bleiben wir im Hostel. Wir werden in einigen Tagen die Möglichkeit haben, uns Nanortalik anzuschauen. Im Hostel gibt es nur ein Badezimmer. So dauert es seine Zeit, bis jeder in den Genuss einer heißen Dusche gekommen ist.
Donnerstag, 11. August
Tag 8: Wanderung zum Tasermiut Fjord (11 km)
Bootsfahrt nach Tasiusaq
Der Morgen verspricht gutes Wetter für den heutigen Tag! Zwar ist es noch bewölkt und neblig, doch es regnet nicht mehr und die Sonne kommt immer mehr durch. Ich freue mich auf die heutige Wanderung.
Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team beim Beladen des Schlauchbootes. Jeder transportiert seine Tasche bis zum Bootssteg. Dann bilden wir eine Reihe bis zum Boot und in wenigen Minuten sind alle Taschen auf dem Boot verstaut. Das Entladen erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.
Die Bootsfahrt wartet mit einer unerwarteten Überraschung auf. Das Wasser im Tasermiut Fjord ist stellenweise spiegelglatt, das Festland noch in Nebelschwaden gehüllt. So gleiten wir ruhig über das Wasser und genießen die wunderschöne Szenerie. Dabei entstehen tolle Fotos.
Unser Ziel ist das Dorf Tasiusaq, welches von einer beeindruckenden Berglandschaft umrahmt ist und zugleich tragisches Zeugnis dafür ist, wie hart das Leben hier vor Jahrzehnten war. Vor etwa 140 Jahren verhungerten alle Bewohner dieses Dorfes in einem harten Winter. Erst in den 30er Jahren wurde das Dorf wieder neu besiedelt.
Wanderung zum Fjord
Von Tasiusaq brechen wir nach Nuugaarsuk auf, welches weiter im Tasermiut Fjord liegt. Die Wanderung führt durch eine spektakuläre alpine Landschaft und am Tasersuaq See vorbei. Doch das wichtigste ist: die Sonne scheint. Das gute Wetter hebt die Stimmung.
Zu Beginn ist der Pfad vom Regen der vergangenen Tage an einigen Stellen noch sehr morastig. Doch wir gewinnen etwas an Höhe und der Weg wird deutlich besser. Aus dem Nichts taucht plötzlich ein Hund auf, der uns den Rest der Wanderung begleiten wird.
Ich taufe den Hund auf den Namen Chucky. Der Hund läuft voraus und wartet auf uns, wenn der Abstand zu groß wird. Zwischendurch treibt er aus Langeweile oder aus Spaß immer wieder Schafe zusammen, die hier in kleinen Gruppen grasen. Am Anfang ist dies noch interessant mit anzusehen, doch mit der Zeit wird Chucky ungestümer und treibt einzelne Schafe in die Enge.
Das erste Mal wird dies während unseres Picknicks am See Tasersuaq deutlich. Chucky treibt ein Schaf auf einen Felsvorsprung und lässt es von dort nicht weg. Jeglicher Fluchtversuch des Schafes wird unterbunden. Erst als wir weitergehen, lässt Chucky von dem Schaf ab.
Die Gegend, durch die wir wandern, ist für ihre vergleichsweise "üppige" Vegetation bekannt. Hier ist der Boden etwas tiefer und Bäume können entsprechende Wurzeln ausbilden. So wandern wir durch brusthohe Bäume, die ich eher als Sträucher bezeichnen würde. Dennoch ist dies eine angenehme Abwechslung.
Chucky wird immer verrückter. Er jagt die Schafe vor sich her, die aus Angst mit voller Geschwindigkeit in Zäune rennen oder sogar ins Meer flüchten. Wir versuchen, Chucky vom Strand fernzuhalten, damit das Schaf wieder an Land schwimmen kann.
Tagesausklang
Wenig später erreichen wir unsere Unterkunft, eine Art Schullandheim. Doch diese ist wider Erwarten noch belegt. So müssen wir warten, bis Carmen und Giles die Angelegenheit geklärt haben. Wir vertreiben uns die Zeit bei nahe gelegenen, riesigen Gesteinsbrocken, die einige zum Klettern animieren.
Nachdem die Gruppe abgereist ist, können wir schließlich unser Quartier beziehen. Die Unterkunft hat weder Wasser noch Strom. Um kochen zu können, müssen wir mit Kanistern Wasser von einem benachbarten Haus holen. Wasser zum Waschen finden wir direkt im Fjord. Die Unterkunft ist wunderschön gelegen und die großen Fenster im Wohnzimmer bieten eine tolle Aussicht auf die Umgebung.
Abendessen gibt es in im rustikalen Speiseraum bei Kerzenlicht. Zum Schlafen holen wir Matratzen aus einem Lager und verteilen uns im Wohnzimmer und benachbarten kleinen Räumen auf dem Boden. Der Speiseraum ist den Guides vorbehalten.
Freitag, 12. August 2016
Tag 9: Camp Tasermiut (2 km)
Bootsfahrt zum Camp Tasermiut
Das gute Wetter scheint leider schon wieder vorbei zu sein. Es ist bewölkt und nieselt. Per Zodiac gelangen wir in einer knappen halben Stunde zu unserem Zeltcamp am Fuße des massiven Granitriesen Ulamertorsuaq.
Dort wartet bereits eine andere Reisegruppe von Tasermiut auf ihre Abreise. Aus Gesprächen erfahren wir, dass diese Gruppe richtig Pech mit dem Wetter hatte. Von den Bergen haben sie in den letzten Tagen - mit Ausnahme von gestern - aufgrund der schlechten Sicht nicht viel gesehen. Ich hoffe, dass es uns nicht so ergehen wird.
Camp Tasermiut
Das Camp ist wunderschön gelegen und bieten sowohl einen tollen Blick auf den Fjord als auch auf die umliegenden Granitberge. Wie im Ice Camp gibt es auch hier weder Strom noch Wasser. Außerdem gibt es hier kein Chemieklo. Das bedeutet, wir müssen unser Geschäft in der Wildnis verrichten. Hierfür gibt es ein paar Regeln von unseren Guides und für jeden einen Plastikbeutel für benutztes Klopapier.
Der Tag steht uns sehr freien Verfügung. Die Zeit nutze ich zum Entspannen, zum Erkunden der näheren Umgebung und zum Waschen von Kleidung in einem kleinen Bach. Auch hier gilt: der obere Teil ist für Trinkwasser, der untere Teil zum Waschen.
Die Granitriesen sind ein beliebtes Kletterziel für Bergsteiger aus aller Welt. Deren Camp liegt auf der anderen Seite eines Flusses, das nur über eine Hängebrücke erreicht werden kann. Die beiden Bereiche (Bergsteiger und Tasermiut) sind durch den Fluss klar abgegrenzt. Wir dürfen uns nicht auf der anderen Seite aufhalten.
Ein Ärgernis im Camp sind die lästigen Fliegen, die kamikaze-mäßig bevorzugt in Mund, Nase und Ohren fliegen. Mein Insektenschutzmittel hilft hier nur bedingt. Einzig stärkerer Wind verschafft etwas Ruhe. So muss ich mich wohl an die ungebetenen Begleiter gewöhnen.
Kurzwanderung
Am späten Nachmittag brechen wir zu einer kurzen Wanderung nach Norden auf. Wir überqueren zunächst den Fluss über die abenteuerliche Hängebrücke. Die Brücke ist wackelig und Knoten in den Stahlseilen sind auch wenig vertrauenerweckend, dennoch sollte die Brücke wohl halten.
Wir folgen der Küste und passieren eine kleine Schutzhütte. Diese ist bereits sehr heruntergekommen. Das Dach ist undicht. Aufgrund des Regens ist innen alles feucht. Schutz suchen möchte ich hier nicht unbedingt. Dann muss das Wetter draußen schon richtig schlecht sein, dass ich den modrigen Geruch innen vorziehe.
Tagesausklang
Nach anderthalb Stunden sind wir wieder zurück im Camp. Dominik angelt leidenschaftlich gern und hat daher den Nachmittag mit Fischen verbracht. Sein Vater Pascal ist ausgebildeter Koch. Aus unserer Sicht ist dies eine perfekte Kombination. So können wir am Abend zu der Paella (ohne Fisch) frischen, gebratenen Fisch aus dem Fjord probieren.
Samstag, 13. August 2016
Tag 10: Tasermiut Fjord (10 km)
Tageswanderung
Heute steht eine Tageswanderung zum beeindruckenden Granitmassiv Nalumasortoq auf dem Programm. Kurz nach zehn brechen wir auf. Wir überqueren zunächst den Fluss und wandern anschließend durch ein Tal. Uns bieten sich dabei auch Ausblicke auf die Südseite des Ketil und auf die Nordseite des Ulamertorsuaq.
Wir überqueren einige kleinere Bäche, kommen an wunderschönen Blumenwiesen vorbei und genießen die wärmenden Sonnenstrahlen. Am Ende des Tals gibt es das obligatorische Picknick und die sich daran anschließende Siesta bei grandioser Aussicht.
Langsam ziehen Wolken auf. So machen wir uns wieder auf den Rückweg. Kurz vor unserem Camp hat uns der Nieselregen schließlich erreicht.
Tagesausklang
Den Abend verbringen wir wie üblich beim gemütlichen Zusammensein. Auch in diesem Camp kommt uns zugute, dass es nicht vollständig belegt ist. So können wir das zweite Küchenzelt als Aufenthaltsraum und zum Trocknen von Kleidung nutzen.
Dominik hat den Nachmittag wieder mit Angeln verbracht und ist dabei sehr erfolgreich. Er entwickelt den Plan, ausreichend Fisch für alle zu angeln, so dass es morgen zum Abendessen frischen Fisch geben kann. Sein Vorschlag findet Zustimmung.
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