Sonntag, 3. August 2014
Tag 1: Reykjavík > Ísafjörður
Anreise nach Ísafjörður
Nach meiner Wanderung des Laugavegur habe ich mich einige Tage in Reykjavík erholt, bevor es heute weiter in die Westfjorde geht. Daher heißt es zeitig aufstehen. Bereits um 5.45 Uhr reißt mich die Weckerfunktion meines Handys aus dem Schlaf. In der Nacht hat es geregnet, sodass sich wieder reichlich Kondenswasser im Zelt gebildet hat, was den Abbau des Zeltes verzögert.
Um 7.15 Uhr fahre ich mit dem kostenlosen Bustransfer zum BSÍ-Terminal, um von dort zum Inlandsflughafen von Reykjavík zu laufen. Den Flughafen erreiche ich schließlich gegen 8 Uhr und bin damit viel zu früh dort, denn das Flugzeug startet erst um 10.30 Uhr.
Laut Flugticket wäre es ausreichend, wenn man spätestens eine halbe Stunde vor Abflug am Flughafen ist. Wenn ich an Flughäfen in Deutschland denke, ist das nur schwer vorstellbar. Doch tatsächlich beginnt der Check-In erst um 9.45 Uhr. Um 10.20 Uhr startet das Boarding, um 10.35 Uhr hebt die kleine Turboprop-Maschine mit etwas Verspätung ab. Eine Sicherheitskontrolle wurde nicht durchgeführt.
Ísafjörður
35 Minuten später landen wir auf dem Flughafen von Ísafjörður, der in einem Fjord gelegen ist. Die Landung empfinde ich als spektakulär, denn so dicht waren bisher noch keine Berghänge während einer Landung. Mit einem Taxi, das ich mir mit weiteren Reisenden teile, fahre ich ins Stadtzentrum. Nach dem Mittagessen hole ich mir bei West Tours meine Vouchers für die Bootsfahrten ab.
Anschließend kaufe ich mir in der Tankstelle N1 Gasflaschen für meinen Campingkocher. Es gibt nur noch zwei Kartuschen mit je 100 g. Ich bin mir nicht sicher, ob das ausreichen wird. Der Mann an der Kasse erzählt mir, dass dies die letzten Kartuschen seien und N1 nicht mehr mit diesen Kartuschen beliefert werden würde. Weitere Verkaufsstellen in Ísafjörður gäbe es auch nicht.
Der einzige Campingplatz in Ísafjörður gehört zum Hotel Edda. Dort erfahre ich, dass der Zeltplatz aufrund der Meisterschaften im Schlammfussball, die heute zu Ende gehen, zurzeit geschlossen ist. So bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als ein Zimmer zu nehmen, das aber erst im Laufe des Nachmittages frei werden wird.
Ich lasse mein Gepäck an der Rezeption im Hotel zurück und laufe durch die Stadt. Dabei entdecke ich am Hafen durch Zufall einen weiteren Campingplatz, der sehr neu sein muss. Er ist weder im aktuellen Reiseführer noch auf den Informationskarten im Ort aufgeführt.
Ich laufe zurück zum Hotel, hole meine Ausrüstung und errichte mein Zelt auf dem Campingplatz. Die Inhaberin erzählt mir, dass die Meisterschaften im Schlammfussball heute mit einem großen Lagerfeuer und Konzerten in direkter Nachbarschaft zum Campingplatz abgeschlossen werden. Es wird heute Nacht also laut werden.
Ich berichte ihr von meinem Problem mit den Gaskartuschen. Sie bringt mir eine halb gefüllte 500 g Kartusche vorbei, die andere Gäste zurückgelassen haben. Somit sollte mir ausreichend Treibstoff zur Verfügung stehen.
Um 17 Uhr breche ich zu einem Spaziergang auf, um mir die Sehenswürdigkeiten des kleinen Ortes anzuschauen. Bei schönstem Wetter genieße ich die Ausblicke auf den Hafen, auf den Fjord und auf die schönen Holzhäuser. Anschließend lasse ich es mir im Restaurant neben der Touristeninformation noch einmal schmecken. Denn in den nächsten Tagen steht wieder Essen aus der Tüte auf dem Programm.
Um 20.15 Uhr startet das Konzert, das von mehreren isländischen Bands bestritten wird. Die Stimmung und die Musik sind gut, die halbe Stadt scheint auf den Beinen zu sein. Kurze Zeit später wird das Lagerfeuer in sicherem Abstand entzündet. Eine Flusslauf liegt zwischen Lagerfeuer und Bühne.
In mehr oder weniger regelmäßigen Abständen kippen einige Männer etwas gleichzeitig auf das Feuer. Die entstehenden schwarzen Rauchwolken werden von der Menschenmenge mit einem Staunen kommentiert. Faszinierender finde ich die Windhosen, die neben dem Lagerfeuer durch die aufsteigende Wärme und die kalte Luft entstehen.
Gegen 22.30 Uhr begebe ich mich in mein Zelt. Das Konzert ist noch voll im Gange. Trotzdem schlafe ich gleich ein. Ich bin einfach zu müde.
Montag, 4. August 2014
Tag 2: Ísafjörður > Hornvík (ca. 11 km)
Anreise nach Hornstrandir
Um 6.15 Uhr stehe ich gut erholt auf. Trotz der lauten Musik in direkter Nachbarschaft zum Zelt hatte ich keine Schwierigkeiten beim Einschlafen und habe ich gut schlafen können.
Um 8 Uhr bin ich an der Touristeninformation, um mich ein letztes Mal über die Wetteraussichten und einen möglichen Transfer zum Flughafen zu informieren. Leider ist die Information noch nicht besetzt, obwohl die Öffnungszeiten etwas anderes sagen.
Ich hinterlege meinen Tagesrucksack mit den Dingen, die ich nicht mit auf Wanderung nehmen möchte, bei West Tours. Da ich außerhalb der Öffnungszeiten von Hornstrandir zurückkommen werde, vereinbaren wir, dass ich den Rucksack im benachbarten Restaurant abholen kann. Anschließend begebe mich zum Kai von West Tours. Kurz nach 8.30 Uhr beginnt das Boarding. Um 9 Uhr stechen wir mit etwa 30 weiteren Touristen in See.
Das Wetter ist gut, die See ruhig. Ich genieße die Bootstour durch die Westfjorde. Gegen 10.15 Uhr erreichen wir Hesteyri, ein altes Dorf, das Mitte des 20. Jahrhunderts verlassen wurde. In Hesteyri liegen noch immer einige gut erhaltene Häuser, die als Sommerhäuser genutzt werden. Auch ein Café befindet sich in dem kleinen Ort.
Etwa 20 Touristen verlassen das Boot über einen Steg, bevor es für den Rest weiter nach Veiðileysufjörður geht, dem Startpunkt meiner Hornstrandir-Wanderung. Hesteyri wird in einer Woche der Endpunkt sein.
Gegen 11 Uhr beginnt das Übersetzen mit dem Schlauchboot. Zunächst werden die Rucksäcke an Land gebracht, anschließend die Passagiere. Das Übersetzen klappt problemlos, da das Meer ruhig ist. Ich mache mich abmarschbereit und breche gegen 11.15 Uhr in Richtung Hornvík auf. Mein zweites Island-Abenteuer beginnt.
Wanderung nach Hornvík
Es ist schwierig für uns, den Anfangspunkt des Wanderweges zu finden. So laufen wir über die Wiese aus Moos und Sträuchern und müssen dabei viele Bäche und morastige Gebiete durchqueren, was manchmal sehr knifflig ist. Schließlich treffen wir auf den Wanderweg, einen schmalen Pfad. Vermutlich hätten wir zunächst den Strand bis zum Fluss entlanglaufen müssen, um auf den Weg zu treffen. Das hätte uns einige Anstrengungen erspart.
Die anspruchsvolle Etappe wartet nach den Wiesen mit steilen Anstiegen über Geröllhänge und Schneefelder auf. Der Anstieg zum Pass Hafnarskarð ist mit nur wenigen Wegmarkierungen ausgestattet. Dennoch lässt sich der Weg gut finden. Teilweise ist es sehr windig, insbesondere auf dem Pass.
Während des Anstieges blicke ich oft zurück und genieße den Ausblick auf den ruhig daliegenden Fjord. Auf der Bootstour war das Wetter noch richtig gut. Der Himmel war blau und die Sonne schien. Nun zieht es sich langsam zu und wird diesig. Ich hoffe, dass sich die für die nächsten Tage angekündigten langen Regenschauer noch etwas entschärfen werden.
Der Abstieg gestaltet sich etwas einfacher, auch wenn der Wanderweg nicht immer als solcher zu erkennen ist. Mit jedem Meter weiter hinunter, nimmt die Vegetation wieder zu. In der Ferne ist schon die Bucht Hornvík erkennbar. Ich mache eine längere Pause und fülle meine Wasservorräte mit dem eiskalten Wasser aus den Bächen auf.
Unterwegs vertreibe ich mir die Zeit mit dem Beobachten von Vögeln. Die wenigen Vögel sind kaum zu erkennen, da sich ihr Federkleid kaum vom Untergrund unterscheiden lässt. Doch durch ihr auffälliges Zwitschern verraten sie sich. Dennoch ist es schwierig, gute Fotos von ihnen zu machen, da sie auf einen ausreichenden Abstand zu mir achten.
Je näher ich der Bucht Hornvík komme, desto deutlicher wird, dass in der Bucht ein Sandsturm wütet, vermutlich eine Folge der Bodenerosion. Ich hoffe, dass der Zeltplatz in der Bucht von den Sandstürmen verschont wird.
Es folgt ein steiler Abstieg. Die Vegetation wird immer schöner und reichhaltiger. Der Rest des Weges führt durch Gras- und Blumenwiesen und an einem Sommerhaus vorbei. Gegen 15.45 Uhr erreiche ich schließlich den Zeltplatz, der direkt neben der Rangerstation des Nationalparks liegt.
Der Zeltplatz liegt am Rand der Bucht und bleibt somit von den Sandstürmen verschont. Windig ist es aber trotzdem. Der Zeltplatz ist vergleichsweise luxuriös ausgestattet. Neben dem Plumpsklo kann auch die Toilette der Rangerstation genutzt werden. Zum Waschen steht ein Waschbecken im Freien zur Verfügung, welches mit Wasser aus einem Bach gespeist wird.
Tagesausklang
Nachdem ich mein Zelt errichtet und mich umgezogen habe, mache ich einen Spaziergang am Strand entlang. Der Strand ist wild und unberührt. Ich genieße das gute Wetter sowie das Rauschen des Meeres und des Windes. Allein dafür hat es sich schon gelohnt, nach Hornstrandir zu kommen.
Im Meer zeigt sich hin und wieder für kurze Zeit eine Robbe. In der Hoffnung auf ein gutes Foto folge ich der Robbe. Doch für ein Foto ist sie immer zu kurz zu sehen.
Beim Abendessen komme ich mit drei Kanadierinnen ins Gespräch. Wir stellen fest, dass wir einen ähnlichen Reiseplan haben. Wir werden uns in den nächsten Tagen sicherlich noch öfter begegnen.
Der Wind scheint zugenommen zu haben. Er wechselt oft die Richtung und weht teilweise sehr heftig. Erstmals auf meiner Reise fliegt ein Kleidungsstück weg, welches ich zum Trocknen am Zelt befestigt habe. Da ich es rechtzeitig bemerke, kann ich das Kleidungsstück noch einfangen.
Nach dem Abendessen gehe ich noch einmal zum Strand. Diesmal laufe ich die Westseite der Bucht entlang. Am Wegesrand weisen Holzschilder auf abgerissene Häuser der verlassenen Ortschaft hin. Von einigen Häusern sind noch die Fundamente zu erkennen. Außerdem werfe ich einen Blick in die orangefarbene Notunterkunft, die sich in der Nähe des Zeltplatzes befindet.
Gegen 20.30 Uhr übermannt mich die Müdigkeit. Einer schöner Tag geht zu Ende. Ich bin froh, dass sich das Wetter gehalten hat. Zufrieden lege ich mich nieder.
Dienstag, 5. August 2014
Tag 3: Hornvík > Hornvík (ca. 15 km)
Wanderung nach Hornbjarg
Nach einer unruhigen Nacht wache ich gegen 7.45 Uhr auf. Durch heftige Windböen bin ich mehrmals aufgewacht. Zwischen 5.00 und 7.30 Uhr hat es außerdem geregnet. Glücklicherweise hat es rechtzeitig wieder aufgehört. Doch die Wolken hängen tief.
Gegen 8.45 Uhr breche ich auf. Heute möchte ich nach Hornbjarg wandern, einer Vogelklippe mit bunter Pflanzen- und Tierwelt. Zu Beginn muss ein Fluss durchquert werden. Dabei habe ich Glück. Aufgrund von Ebbe kann der Fluss direkt am Strand durchwatet werden. Bei Flut muss weiter flussaufwärts eine passende Stelle gesucht werden.
Der Weg führt die Küste entlang. Oberhalb des Strandes befindet sich ein schmaler Pfad. Ich bleibe jedoch auf dem Strand und laufe lieber über Stock und Stein. Unterwegs entdecke ich eine Robbe, die sich auf einem Felsen räkelt. So komme ich zu meinen ersten Robbenfotos.
Hinter der Polarfuchs-Forschungsstation, bei der man ein Praktikum durchführen kann, führt der Weg langsam vom Strand weg. Der Anstieg nach Horn beginnt.
Die Wanderung nach Horn ist wenig anstrengend und die Aussicht weniger spektakulär als erhofft. Der Blick auf den Fjord wird durch tief hängende Wolken getrübt und die Vogelfelsen sind von hier nicht einsehbar. Dennoch lässt der Blick die Steilklippe hinunter mein Adrenalin ansteigen.
Ich folge dem Pfad durch hohes Gras weiter nach Hornbjarg. Der Pfad führt direkt auf eine Felswand zu. Unterwegs ergeben sich einige Ausblicke auf den Vogelfelsen, die jedoch durch Wolken getrübt werden.
Der Weg führt die steile Felswand hoch. Der Weg ist vom Regen noch aufgeweicht und rutschig. Ich bin froh, meine Wanderstöcke dabei zu haben. Während ich den Hang erklimme, zieht es immer mehr zu. Als ich schließlich oben auf dem Miðfell ankomme, stehe ich inmitten einer Wolke.
Die Sichtweite beträgt nur wenige Meter. In alle Richtungen blicke ich in eine weiße Wand. Selbst der Weg, auf dem ich gekommen bin, ist nur noch schwer zu erkennen. Ich habe den Eindruck, als stünde ich auf einer kleinen Insel, die von einem weißen Meer umgeben ist.
Es führt ein breiter Weg auf dem Grat nach rechts, der jedoch nach wenigen Metern abrupt endet. Es geht steil bergab, ein Pfad ist nicht zu erkennen. Ich habe die Orientierung verloren und werde langsam etwas unruhig. Ich hole die Karte hervor und stelle fest, dass der Weg eigentlich wieder nach Osten und nicht nach Westen führen müsste. Also laufe ich langsam zurück und halte nach einem weiteren Weg Ausschau.
Als ich wieder an dem Punkt angelangt bin, bei dem ich den Grat erklommen habe, erkenne ich einen kleinen Pfad, der den Grat auf der anderen Seite wieder hinunterführt. Der Abstieg ist noch steiler als der Aufstieg, sodass der Weg streckenweise mit Seilen zum Festhalten gesichert ist. Zum Glück wird die Sicht mit jedem Meter etwas besser.
Auf dem nächsten Bergkamm ist die Sicht zwar gut, dennoch ist der Weg nach unten für mich nicht zu finden. Ich weiß, dass ich wieder nach Osten muss, doch dort führt der Weg wieder durch Wolken. Da ich heute schon lange unterwegs bin und genug Abenteuer erlebt habe, entschließe ich mich, auf direktem Weg zurück zum Campingplatz zu laufen.
So laufe ich schnurstracks zur Küste und versuche, dabei so wenig Vegetation wie nur möglich zu zerstören. Unterwegs treffe ich zum Glück auf einige Pfade, die zur Forschungsstation und schließlich auf den Wanderweg führen.
An der Küste nehme ich diesmal den Pfad oberhalb des Strandes. Etwas Abwechslung muss schon sein. Auf dem Rückweg stelle ich fest, dass bei Flut ein Felsvorsprung überwunden werde müsste, weil der Strand dann komplett überspült wäre. Zu Unterstützung ist ein Seil angebracht. Auf dem Hinweg war mir das gar nicht aufgefallen. Aber die Flut ist noch nicht so stark, sodass ich den Felsvorsprung auf dem einfachen Weg passieren kann.
Dafür kann ich den Fluss in der Nähe des Zeltplatzes nicht mehr am Strand queren. Der Wasserstand ist nun zu tief und die Strömung zu stark. Auch weiter landeinwärts sieht es nicht viel besser aus. Erst als ich auf einen weiteren Wanderweg treffe, finde ich eine geeignete Stelle. Das Wasser ist hier überwiegend flach und die Strömung langsam. Dafür ist der Fluss hier über 50 m breit.
Nachdem ich den Fluss durchwatet habe, führt der Weg durch das Sandsturmgebiet. Doch ich habe Glück und werde verschont. Auf den Sand folgt eine Wiese und schließlich Morast. Stellenweise versinke ich bis zu den Knöcheln im Matsch. Schuhe, Gamaschen und Hose werden beim Durchqueren des Morastes schmutzig.
Ich hätte wohl den Fluss entlang wieder zum Strand laufen sollen. Aber wenn das Ziel so nah ist, nimmt man ungern einen großen Umweg in Kauf. Gegen 16 Uhr erreiche ich schließlich mit durchnässten Schuhen den Zeltplatz.
Tagesausklang
Ich ziehe mich um, pflege meine Schuhe, packe meinen Rucksack für den morgigen Tag und esse zu Abend. Gegen 18.15 Uhr beginnt es zu nieseln. Den Rest es Abends verbringe ich im Zelt und befasse mich unter anderem mit der Routenplanung für die nächsten Tage.
Um 20.30 Uhr lege ich mich schlafen. Ich bin ein wenig enttäuscht, dass ich bisher noch keinen Polarfuchs gesehen habe, und hoffe, dass ich in den nächsten Tagen mehr Glück haben werde.
Mittwoch, 6. August 2014
Tag 4: Hornvík > Hlöðuvík (ca. 9 km)
Wanderung nach Hlöðuvík
Um etwa 5 Uhr werde ich wach, weil meine Blase drückt. Vor der Toilette folgt meine erste Begegnung mit zwei Polarfüchsen. Einer läuft davon und beobachtet mich neugierig aus der Ferne. Der andere scheint zu schlafen. Daher versuche ich mich an ihm vorbeizuschleichen. Doch er wird wach und läuft erschreckt davon.
Um 8.15 Uhr stehe ich schließlich auf. Diese Nacht war ruhiger. Es gab nur wenig Wind, hin und wieder gab es Nieselregen. Dadurch hat sich im Zelt etwas Kondenswasser gebildet. Am Morgen regnet es zum Glück nicht. Doch die Wolken hängen deutlich tiefer als gestern. Somit ist für mich klar, dass ich mir aufgrund der schlechten Sicht heute den zweiten Vogelfelsen sparen kann.
Es folgt meine zweite Begegnung mit einem Polarfuchs. Diesmal hole ich meine Kamera aus dem Zelt und mache ein Foto. Der Fuchs lässt sich durch mich nicht stören.
Gegen 9.45 Uhr breche ich in Richtung Hlöðuvík auf. Ich folge zunächst der Bucht oberhalb des Strandes und stoße wenig später auf eine Stelle, an der wieder Kletterarbeit angesagt ist. Mithilfe von angebrachten Seilen überwinde ich den Felsvorsprung.
Der Strand der kleinen Bucht ist übersät mit etwas Schrott und vielen angespülten Baumstämmen aus Sibirien. Da es auf Island nur wenige Bäume gibt, wurden und werden die Baumstämme, die an anderen Küsten Islands angespült werden, für die Holzverarbeitung genutzt.
In der Bucht muss ein Fluss überquert werden. Aus zahlreichen Baumstämmen hat sich eine Brücke gebildet. Eventuell wurde durch Menschenhand auch etwas nachgeholfen. So balanciere ich auf die andere Seite.
Anschließend führt der Weg landeinwärts. Auf dem weiteren Weg müssen zwei Pässe überwunden werden. Doch zunächst passiere ich einige Überreste der verlassenen Ortschaft Rekavík bak Höfn. Von einem Haus ist das Bodengerüst bzw. die Terrasse noch gut erhalten.
Je höher ich komme, desto schlechter wird die Sicht. Den ersten Gipfel Atlaskarð erreiche ich gegen 11.30 Uhr. Bei gutem Wetter böte sich hier vermutlich ein toller Ausblick auf die Bucht. Doch die tief hängenden Wolken lassen dies heute nicht zu.
Der Vogelfelsen, dem ich eigentlich einen Besuch abstatten wollte, liegt noch höher als dieser Pass und wäre somit genauso wolkenverhangen. Daher bin ich froh über meine Entscheidung, den kürzeren Weg nach Hlöðuvík eingeschlagen zu haben.
Es folgt ein wolkenverhangenes Hochplateau. Aufgrund der schlechten Sicht schieße ich nur wenige Fotos. Unterwegs müssen zahlreiche Bäche und Flüsse überquert werden. Oftmals sind Steine im Flussbett vorhanden, die ein Hinüberbalancieren erlauben. Manchmal hilft jedoch nur das Durchwaten des eiskalten Wassers.
Auch einige Schneefelder müssen überquert werden. Einige sind von Bächen und Flüssen unterspült, sodass die Gefahr besteht, einzubrechen. Daher sollte der Weg mit Bedacht gewählt werden.
Unterwegs begegne ich zweimal einem Polarfuchs. Bei der ersten Begegnung überholt mich ein Polarfuchs, ohne mir Beachtung zu schenken. Bei dem zweiten Aufeinandertreffen bin ich auf der Suche nach einer geeigneten Stelle zum Überqueren eines tiefen Flusses. Ich laufe etwas flussaufwärts und bewerte einige Stellen, doch flussabwärts waren die Stellen besser.
Auf dem Weg zurück kommt mir ein Polarfuchs entgegen. Da er selbst auf der Suche nach einer Überquerungsmöglichkeit ist, nimmt er mich erst sehr spät war. Er bleibt kurz stehen und macht dann einen großen Bogen um mich.
Ich beobachte seinen ersten Versuch, den Fluss zu überqueren. Er schafft es bis zur Mitte des Flusses, in dem er von Stein zu stein springt. Doch der Weg vom letzten Stein bis zum rettenden Ufer ist zu weit entfernt, sodass er sich zur Umkehr entschließt. Er läuft flussabwärts und macht dabei wieder einen Bogen um mich. An einer anderen Stelle ist er schließlich erfolgreich.
Diese Begegnung entschädigt für das schlechte Wetter. Ich entscheide mich, an der gleichen Stelle den Fluss zu durchwaten. Von Stein zu Stein zu springen, erscheint mir jedoch zu riskant. Lieber kalte Füße als mit Gepäck auf einem Stein auszurutschen und im eiskalten Wasser zu landen.
Den zweiten Pass erreiche ich gegen 13.30 Uhr. Es folgt ein sehr steiler Abstieg. Die Serpentine ist sehr rutschig und stellenweise von Wasser überspült. Doch die Wanderstöcke bieten mir sicheren Halt.
Es bietet sich mir ein herrlicher Ausblick auf die Bucht. Ich erkenne einige Häuser. Irgendwie habe ich die Hoffnung, dass es sich dabei um den Zeltplatz handeln könnte. Doch ich werde enttäuscht. Es handelt sich vermutlich um ein Sommer- oder Gästehaus. Der Zeltplatz liegt weiter westlich bei der Notschutzhütte.
Auf dem Weg zum Campingplatz werde ich von drei Robben im Meer neugierig beobachtet. Kurz vor dem Zeltplatz muss ich noch einen Fluss durchwaten. Nachdem ich auch diese letzte Herausforderung gemeistert habe, erreiche ich um 15.30 Uhr den Zeltplatz.
Da leichter Nieselregen einsetzt, möchte ich schnell mein Zelt errichten. Dabei passiert mir ein Missgeschick. Meine Trekkinghose reißt vom Gesäß bis fast zum rechten Knie auf. Auf dem Laugavegur hatte ich mir bereits einen Riss am Gesäß zugezogen. Durch die Eile aufgrund des einsetzenden Regens habe ich die Hose wohl nicht richtig hochgezogen. Beim Hinknien ist es dann passiert.
Tagesausklang
Nachdem ich mich häuslich eingerichtet und gewaschen habe, versuche ich den Riss zu flicken oder vielmehr eine weitere Rissausbreitung zu verhindern. Doch ich bin nicht erfolgreich. Mein Nähset habe ich zuhause gelassen und Pflaster helfen auch nicht wirklich weiter. Eine zweite Hose habe ich natürlich auch nicht dabei.
Aufgrund des schlechten Wetters, der damit verbundenen schlechten Sicht und den streckenweise kaum erkennbaren Wanderwegen ändere ich meine Reiseplanung. Die Aussicht, in den nächsten Tagen allein durch Regen und Nebel zu wandern, ist wenig motivierend. Letztendlich ist das Risiko auch zu groß, falls doch einmal etwas passieren sollte. So entschließe ich mich, bei den anderen zu bleiben, mit ihnen nach Hesteyri zu wandern und von dort aus in Abhängigkeit vom Wetter zu Tageswanderungen aufzubrechen.
Donnerstag, 7. August 2014
Tag 5: Hlöðuvík > Hesteyri (ca. 15 km)
Wanderung nach Hesteyri
Es hat die ganze Nacht durchgeregnet. Und es regnet immer noch, als ich um 8 Uhr aufstehe. In der Hoffnung, dass das Wetter noch etwas besser werden wird, lasse ich mir beim Frühstück Zeit und bereite alles für die Wanderung vor.
Kurz vor 10 Uhr lässt der Regen etwas nach. Für mich ist es das Signal zum Aufbruch. Schnell packe ich mein Zelt zusammen. Eine Viertelstunde später geht es los. Die Kanadierinnen und die Finnen brechen ebenfalls auf.
Der Weg führt zunächst am Strand entlang. Dann muss ein Fluss überquert werden. Glücklicherweise dienen angespülte Baumstämme wieder als Brücke, sodass wir bei dem schlechten Wetter nicht auch noch unsere Schuhe ausziehen müssen.
Wir folgen weiter der Küste in Erwartung eines Abzweiges nach Hesteyri. Doch es kommt kein Abzweig. Der auf meiner Karte angegebene GPS-Punkt scheint nicht der Abzweig, sondern einfach die Mitte der Bucht zu sein. Ich tausche mich mit den drei Kanadierinnen und zwei Finnen aus, wir vergleichen unsere Karten und diskutieren die weitere Vorgehensweise. Wir entscheiden uns schließlich zur Umkehr.
Als wir wieder am Fluss ankommen, entdecken wir schließlich landeinwärts einen kleinen Steinmann, der uns die Richtung nach Hesteyri anzeigt. Es folgt ein schmaler Pfad durch nasses Gras, der allmählich in einen Anstieg übergeht.
Während des Anstiegs wird das Wetter wieder schlechter. Der Nieselregen geht in Regen über. Ich verstaue meinen Fotoapparat im Rucksack. Die Sicht ist teilweise so schlecht, dass ich kaum den nächsten Steinmann erkennen kann.
Infolge unterschiedlicher Wandergeschwindigkeiten und Pausenzeiten bin ich mit etwa einer Viertelstunde Vorsprung an der Spitze, als ich wieder einmal die Orientierung verliere. Der Wanderweg ist als solcher nicht mehr zu erkennen und ein Steinmann ist auch nicht zu sehen. Zusammen mit den beiden Finnen finden ich schließlich wieder den Weg.
Je näher wir dem Pass kommen, desto stärker wird der Wind. In den vergangenen Tagen kam der Wind meist von hinten, heute jedoch von vorn. So peitscht uns der heftige Wind den Regen ins Gesicht. Meine Motivation sinkt.
Gerade als ich auf ein riesiges Schnee- und Eisfeld stoße, das steil den Pass hinunter führt, hat das Wetter seinen Tiefpunkt erreicht. Die Sicht beträgt nur wenige Meter. Der Schnee geht fließend in Nebel über. Da ich keinen Weg erkennen kann, laufe ich zunächst am Rand des Eisfeldes entlang. Da meine Wegsuche nicht erfolgreich ist, entschließe ich mich, wieder auf die Kanadierinnen und Finnen zu warten.
Gemeinsam beginnen wir den Abstieg. Das Eisfeld wird zunehmend steiler, die Fußspuren immer weniger. Uns wird klar, dass dies nicht der richtige Weg sein kann. Wir entscheiden uns zur Umkehr.
Wieder oben angekommen, laufen wir am Rand des Schneefeldes entlang. Die Sicht wird für einen kurzen Augenblick etwas besser, so dass die Umrisse eines Steinmanns zu erahnen sind. Uns wird nun klar, dass der Weg rechts des Eisfeldes sicher hinunterführt.
Unten angekommen, treffen wir auf zwei Wanderer, die uns von vergleichsweise gutem Wetter in Hesteyri berichten und die uns die Pfannkuchen im Café wärmstens empfehlen. Meine Stimmung steigt. Ich freue mich schon jetzt auf die Pfannkuchen.
Je weiter ich hinunter komme, desto besser wird das Wetter. Der Regen lässt allmählich nach und hört schließlich ganz auf. Zwischenzeitlich ist stellenweise sogar blauer Himmel zu sehen. Die Sonne scheint auch für wenige Minuten. Meine Stimmung ist wieder richtig gut.
Der Weg nach Hesteyri führt über einen Bergrücken. Es sind einige Schneefelder und Flüsse zu überqueren., die jedoch keine all zu großen Schwierigkeiten darstellen. Je näher ich Hesteyri komme, desto schöner wird der Blick auf den Fjord und auf die Häuser von Hesteyri.
Vor Hesteyri wartet die letzte große Hürde auf uns - ein riesiges Schneefeld, das steil hinab führt. Zusammen mit den Finnen mache ich mich an den Abstieg. Trotz guter Sicht haben wir das Schneefeld von oben falsch eingeschätzt. Es wird zunehmend steiler. Es scheint an dieser Stelle unpassierbar zu sein.
Plötzlich hören wir ein Pfeifen. Ein Isländer weist uns daraufhin hin, dass der eingeschlagene Weg zu gefährlich ist und empfiehlt uns einen Weg, der viel weiter rechts liegt. Der Umweg führt uns sicher nach unten, wobei auch hier einige steile Passagen zu bewältigen sind.
Da wir nun abseits des eigentlichen Wanderweges unten angekommen sind, laufen wir querfeldein über Blumenwiesen nach Hesteyri und müssen dabei viele sumpfige Stellen passieren. Die Flüsse vor Hesteyri sind zum Glück überbrückt.
Gegen 17.45 Uhr erreiche ich erschöpft den Zeltplatz. Die bisher anspruchsvollste Etappe liegt nun hinter mir. Ich bin froh, dass ich diese nicht alleine bewältigen musste.
Tagesausklang
Nach dem das Zelt errichtet, die Kleidung gewechselt und die Wäsche gewaschen ist, mache ich mich auf die Suche nach dem Café. In gemütlicher Atmosphäre lasse ich mir die Pfannkuchen schmecken und komme dabei mit anderen Wanderern ins Gespräch. Wir tauschen unsere Erfahrungen aus. Eine junge Amerikanerin ist seit Mitte Juni auf Island unterwegs ist und kann viel Spannendes berichten.
Aufgrund der Pfannkuchen gibt es heute später wie sonst Abendbrot. Um 21.45 Uhr lege ich mich zu Bett. Es beginnt wieder zu nieseln.
Freitag, 8. August 2014
Tag 6: Hesteyri > Hesteyri (ca. 10 km)
Wanderung nach Sléttunes
Als ich um 8.30 Uhr aufstehe, ist es bewölkt. Aus den tief hängenden Wolken fällt Sprühregen. Ich lasse mir beim Frühstück Zeit. Und tatsächlich wird das Wetter etwas besser.
Heute möchte ich zum Leuchturm von Sléttunes wandern. Mit leichtem Gepäck mache ich mich gegen 10 Uhr auf den Weg. Ich laufe zunächst den rauen und unberührten Strand entlang. Später führt der Pfad durch Blumenwiesen. Unterwegs bieten sich mir tolle Ausblicke auf das Meer und in den Fjord.
Es folgt ein leichter Anstieg über einen Bergkamm. Der breite Weg nach Sæbol ist nicht zu verfehlen. Einen so gut ausgebauten Wanderweg habe ich bisher auf Hornstrandir noch nicht gesehen.
Kurz hinter dem Abzweig zum Leuchtturm endet der Wanderweg plötzlich. Gerade lief ich noch auf einen gut ausgetretenen Pfad und nun stehe ich im Nichts. Manchmal zweifle ich an mir selbst. So laufe ich mal wieder querfeldein in Richtung Leuchtturm.
Am Fluss Sléttuá mache ich eine kurze Rast und kehre dann um. Vom Leuchtturm habe ich bereits vom Bergkamm aus einige gute Fotos machen können, sodass ich mir das Durchwaten erspare. Um 14.15 Uhr ist mein Tagesausflug bereits zu Ende. Ich bin wieder am Zeltplatz angekommen.
Tagesausklang
Den Rest des Nachmittages verbringe ich mit Dösen, Schlafen und Über-Gott-und-die-Welt-Nachdenken. Es ist schön, einfach nichts zu tun und sich dabei nicht zu langweilen. Dies ist ein seltener Zustand, den ich gerne öfter im Alltag und insbesondere an den Wochenenden erreichen würde.
Den frühen Abend verbringe ich bei Pfannkuchen und Tee im Café. Heute sitzt eine geführte Reisegruppe im Café. Ich lausche dem Reiseführer und erfahre so einiges über Hornstrandir und über die Geschichte Islands.
Am Abend trifft ein Mann auf dem Zeltplatz ein, den ich bereits kurz in Hornvík kennen gelernt hatte. Eigentlich sollte er heute mit dem Boot von Sæbol abgeholt werden. Doch aufgrund der rauen See sei dies nicht möglich gewesen. Da die Aussichten für die nächsten Tage nicht besser wären, sollte er nach Hesteyri laufen, um am nächsten Morgen mit dem Boot mitgenommen werden zu können.
Samstag, 9. August 2014
Tag 7: Hesteyri > Hesteyri (ca. 15 km)
Wanderung nach Látravík
Nach einer unruhigen Nacht mit Wind und Nieselregen werde ich durch Sonnenstrahlen gegen 8.45 Uhr geweckt. Doch meine Hoffnung auf schönes Wetter erfüllt sich leider nicht. Es ist bewölkt und es scheint sogar etwas kälter geworden zu sein.
Heute möchte ich eine Rundwanderung machen und dabei einen Blick auf die Bucht Aðalvík werfen. Gegen 9.45 Uhr breche ich auf. Durch Blumenwiesen führt der Weg aus Hesteyri. Je höher ich komme, desto schöner wird der Blick auf den kleinen Ort und den Fjord.
Kurz hinter Hesteyri sollte eigentlich ein Weg nach links abzweigen. Doch ich kann absolut keinen Pfad erkennen. Selbst der Abzweig nach Glúmsstaðir ist nicht zu erkennen. Einzig allein der Hauptweg nach Látravík ist deutlich zu erkennen. Kurzerhand werfe ich meine Pläne über Bord und entschließe mich, auf dem Hauptweg zu bleiben. Heute habe ich keine Lust, querfeldein nach irgendwelchen Wanderwegen zu suchen.
Kurze Zeit später treffe ich auf eine Französin, die ebenfalls etwas unsicher hinsichtlich des Wanderweges zu sein scheint. Es stellt sich heraus, dass sie nach Látravík wandern möchte, um von dort morgen ihre Rückreise anzutreten. Da wir den gleichen Weg haben, wandern wir gemeinsam weiter.
Je höher wir kommen, desto schlechter wird die Sicht. Das Plateau ist wolkenverhangen. Der Weg führt über moosbedecktes Geröll und Schneeflächen. Steinmänner weisen uns den Weg. Hin und wieder ergibt sich ein Blick auf die Bucht Aðalvík.
Nach etwa 3 Stunden und etwa 3 km vor Látravík entschließe ich mich zur Umkehr. Mein Ziel, einen Blick auf Aðalvík zu werfen, habe ich erreicht. Beim Abstieg in die Bucht ist die Sicht auch wieder besser geworden. Ich verabschiede ich mich von der Französin und nach einer kurzen Rast mache ich mich auf den Rückweg.
Das Wetter wird schlechter. Der Sprühregen geht in Nieselregen über. Das Plateau ist nun in Nebel gehüllt. Da es nun fast nichts mehr zu sehen gibt, laufe ich etwas schneller. Mit meinem GPS-Gerät kontrolliere ich in regelmäßigen Abständen, ob ich mich noch auf dem richtigen Weg befinde. Gegen 15.30 Uhr erreiche ich schließlich wieder den Zeltplatz in Hesteyri.
Tagesausklang
Den Rest des Tages verbringe ich in Muße, lasse meinen Urlaub Revue passieren, überarbeite mein Reisetagebuch, schlafe ein wenig und genieße den letzten Abend auf Hornstrandir.
Sonntag, 10. August 2014
Tag 8: Hesteyri > Ísafjörður
Wanderung nach Stekkeyri
Als ich gegen 9 Uhr aufstehe, ist es bewölkt. Stellenweise ist blauer Himmel und Sonnenschein zu sehen. Zum Ende meines Hornstrandir-Abenteuers könnte es tatsächlich noch einmal schönes Wetter geben.
Heute steht eine kurze Wanderung zur alten Walfangstation Stekkeyri auf dem Programm. Nachdem ich Hesteyri in nordöstlicher Richtung verlassen habe, führt der Weg weiter die Küste entlang. Unterwegs treffe ich auf eine Seerobbe, die sich auf einem Felsen im Meer räkelt. Die Robbe ist sehr scheu und ergreift schon frühzeitig die Flucht. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich jedoch meine Fotos schon aus großer Entfernung gemacht.
Ich verbringe einige Zeit in den Ruinen der Walfangstation. Inbesondere die Überreste von Zahnrädern wecken mein Interesse. Langsam holt sich Natur ihren Lebensraum wieder zurück. Das Gemäuer zerfällt, das Holz verrottet, der Schrott rostet vor sich hin, auf den Überresten wächst bereits Gras.
Ich genieße das gute Wetter und beobachte zahlreiche Vögel in der Ferne. Auf dem Rückweg nach Hesteyri treffe ich erneut auf eine Seerobbe. Diesmal handelt es sich um ein kleines Exemplar, das nicht ganz so scheu ist.
Rückreise nach Ísafjörður
Nach etwa 2 Stunden bin ich wieder am Zeltplatz. Ich reinige meine Wanderausrüstung, die in den letzten Tagen durch Regen und Matsch arg in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Nach dem Mittagessen packe ich langsam meine Sachen zusammen und säubere gründlich mein Zelt.
Den Rest der Zeit bis zur Abfahrt genieße ich die Sonnenstrahlen und die schöne Landschaft. Das gute Wetter lockt erstmals auch Einheimische aus den Häusern an den Strand. Immer mehr Touristen erreichen Hesteyri, im Café herrscht Hochbetrieb.
Um kurz nach 15 Uhr legt ein Boot mit neuen Touristen an. Einige machen sich direkt zur Wanderung auf, andere verbringen vorher noch etwas Zeit in Hesteyri. Ich versuche erfolglos, meine nicht genutzten Gaskartuschen an den Mann zu bringen. Mit einigen Wanderern komme ich ins Gespräch und gebe Ihnen ein paar Tipps mit auf den Weg.
Gegen 16.40 Uhr beginnt schließlich das Boarding, um 17 Uhr stechen wir in See. Wie auf der Hinfahrt liegt der Ozean ruhig da. Ich genieße die Bootsfahrt und die letzten Blicke auf Hornstrandir.
Auch wenn Hornstrandir bei schönem Wetter sicherlich mehr Freude bereitet hätte, so bin ich auch bei Niesel- und Regenwetter auf meine Kosten gekommen und habe schöne Tage auf Hornstrandir verbringen können. Ich mag die unberührte, wilde Natur und die unglaubliche Stille.
Am meisten freut mich, dass meine Trekkinghose durchgehalten hat. Der Riss ist zwar noch etwas größer geworden, schließlich aber zum Stillstand gekommen. Ich freue mich darauf, morgen in Reykjavík endlich die Hose wechseln zu können.
Tagesausklang
Um kurz nach 18 Uhr erreichen wir Ísafjörður. Ich mache mich direkt zum Restaurant auf, um meinen Tagesrucksack abzuholen. Im Restaurant weiß jedoch niemand etwas über mein Gepäck. Vermutlich steht es noch im Büro von West Tours.
So laufe ich leicht verärgert zurück zum Hafen und erwische gerade noch die Besatzung des Bootes. Die Mannschaft hat keinen Schlüssel für das Büro dabei, verständigt jedoch eine Frau, die in etwa einer Stunde am Büro sein wird.
In der Zwischenzeit gehe ich zum Campingplatz, errichte mein Zelt, Dusche ausgiebig und wechsle meine Klamotten. Den Rest der Zeit warte ich vor dem Büro auf die Frau. Als ich so durch die Ortschaft laufe, höre ich hinter mir ein lautes Lachen von zwei Isländerinnen, die mich anschließend kichernd auf meine zerrissene Hose hinweisen - als wäre mir das nicht schon selbst peinlich genug!
Um 19.30 Uhr halte ich schließlich meinen Tagesrucksack wieder in den Händen. Ich habe so einen Kohldampf, dass ich anschließend in einem Diner eine 15-Zoll-Pizza verdrücke. Im Diner läuft Musik. Nach der langen Zeit der Stille auf Hornstrandir genieße ich die Musik, auch wenn die Lieder nicht immer meinen Geschmack treffen.
Am Abend lerne ich auf dem Zeltplatz einen Franzosen kennen, der mir unbedingt eine Hose schenken möchte. Ich lehne dankend ab. Wir unterhalten uns eine Weile. Doch mich übermannt die Müdigkeit. Gegen 22 Uhr bin ich in meinem Zelt verschwunden.
Montag, 11. August 2014
Tag 9: Ísafjörður > Reykjavík
Rückreise nach Reykjavík
Um halb sechs stehe ich nach einer unruhigen Nacht auf. Auf dem benachbarten Hafen herrschte die ganze Nacht reger Betrieb. Aufgrund der lauten Geräusche habe ich nicht gut schlafen können.
Um 6.40 Uhr bin ich zur Abreise bereit. Da der Bus aber erst um 8.15 Uhr fährt, entschließe ich mich zum Flughafen zu laufen. Nach etwa 40 Minuten werde ich von einem Deutschen im Auto mitgenommen. Der junge Mann bricht heute mit seiner Freundin nach Hornstrandir auf und möchte vorher noch seinen Mietwagen am Flughafen abgeben.
Um 7.30 Uhr ist auf dem Flughafen noch nichts los. Ich vertreibe mir die Zeit mit dem Lesen von englischsprachigen Zeitschriften. Erst gegen 8.30 Uhr kommen weitere Passagiere und das Flughafenpersonal, was für einen Abflug um kurz nach 9 Uhr vollkommen ausreichend zu sein scheint.
Der Flug verläuft reibungslos. Um kurz vor 10 Uhr landen wir in Reykjavik. Bezüglich meiner Hosen gab es keine Nachfragen und vor allem kein Gelächter. Doch an der Bushaltestelle vor dem Flughafen holt mich meine Hosen ein. Ein Paar aus Österreich erkundigt sich, wie es zu dem Riss gekommen ist. Ich kann es kaum Erwarten, meine Hose zu wechseln.
In Reykjavík werde ich bei schönstem Wetter einen letzten Abend verbringen. Morgen geht es in aller früh zum Flughafen. Mein Urlaub findet sein Ende.
Epilog
Die mehrtägige Wanderung auf Hornstrandir war trotz des schlechten Wetters eine tolle Erfahrung. Auch wenn ich nicht alles habe umsetzen können, was ich mir vorgenommen hatte, so habe ich dennoch schöne Tage auf der Halbinsel verleben können.
Ich habe die Abgeschiedenheit, die Stille und die unberührte, wilde Natur sehr genossen. Die Begegnungen mit Polarfüchsen und Seerobben waren eine ausreichende Entschädigung für das schlechte Wetter.
Größtes Abenteuer waren die streckenweise kaum erkennbaren Wanderwege und die sehr steilen Eisfelder, insbesondere bei schlechter Sicht. Hier hieß es, Ruhe zu bewahren und gemeinsam nach einem geeigneten Weg zu suchen. Die Bedingungen auf Hornstrandir sollten also nicht unterschätzt werden. Die Wanderung in einer Gruppe ist zu empfehlen.
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